Größe allein ist nicht entscheidend. Jedes Kind kennt die Legende von David und Goliath. Das Ergebnis der Geschichte ist bekannt. Mit List, Beweglichkeit und Kreativität siegt der Kleine gegen den Großen, vermeintlich Stärkeren.
Die Pharmadrucker sind ein hochspezialisierter Betrieb für Packungsbeilagen. Klein beweglich und für die Zukunft gut aufgestellt. Schon immer sind die Lieferzeiten von Packungsbeilagen aus Melsungen kürzer als die der Marktbegleiter. Ab sofort aber ist der Anspruch als Smart Factory die lieferfähigste Druckerei in Europa zu sein. Warum und wie ist das möglich?
Der Anspruch
Die Welt dreht sich. Das bedeutet, wer sich nicht selbst bewegt, der wird bewegt. Mit Produktqualität kann man heute kaum noch punkten. Sie wird vorausgesetzt. Anders ist es bei der Lieferfähigkeit. Das Internet hat den Puls der Zeit beschleunigt. „Unsere Kunden wünschen sich kurze Lieferzeiten“ sagt Unternehmer Sebastian Härtig, „sie benötigen Flexibilität. Das bedeutet, dass wir manchmal innerhalb von 12 Stunden liefern müssen. Heute liefern wir diesen Bedarf just in time vom Lager. Der Nachteil: bei Produktveränderungen werden oft große Mengen von fertigen Packungbeilagen vernichtet. Ziel ist es, direkt und stückgenau zu produzieren. Das Lager wollen wir mittelfristig auflösen.“
Wie also den Spagat von sofortiger Verfügbarkeit bei gleichzeitig geringem Lagerbestand lösen? Die Lösung Digitaldruck liegt auf der Hand. Das wirtschaftlichste Verfahren für große Auflagen ist der Inkjet-Druck, aber: Flüssige Farbe auf dünnem, 40 Gramm Papier? Das ist eine echte Herausforderung. Und in einer Smart factory sollen alle Prozesse digital sein. Auch das wird anspruchsvoll.
Die neue Technik des Druckens ist aber nur ein Teil des Projekts. Der gesamte Workflow von der Bestellung bis zur Lieferung wird neu durchdacht. Möglichst effizient soll der Prozess sein, Verschwendung, gleich welcher Art, soll vermieden werden. „Zero waste“, das ist die Haltung, die dahinter steckt. Ökonomisches und ökologisches Handeln sind kein Widerspruch, sondern der Anspruch.
Das Ergebnis
Unzählige Gespräche, lange Reisen, umfangreiche Tests, Überzeugungskraft und viel Beharrlichkeit sind gefragt, um den Anspruch zu verwirklichen. Wie viel Farbauftrag verträgt das dünne Papier nun wirklich? Schließlich muss alles sauber zu lesen sein. Zu viel Farbe durchtränkt das Papier, zu wenig beeinträchtigt die Lesbarkeit. Das bedeutet: testen, korrigieren, testen, korrigieren und so weiter und so fort. Vor Allem aber bedeutet das Geduld haben und nicht aufgeben!
Und dann: Drucken, Schneiden, Falzen, Verpacken – alles ist in einem Prozess organisiert. Die Anlagen sind von vier verschiedenen Herstellern. Alle Teile müssen gut miteinander harmonieren. Die Techniker haben einige, knifflige Aufgaben zu lösen. Doch am Ende liefert die Anlage fertig verpackte Produkte in einem Arbeitsgang.
Das Beste daran: der neue automatisierte Ablauf ist sicherer. Alle Produkte werden vollautomatisch geprüft. Eine Kamera prüft jedes Exemplar. Fehlerhaft erkannte Produkte werden markiert und direkt über eine Weiche ausgeschleust. Doch was unterscheidet einen Fehler von einem Pseudofehler? Hier das richtige Maß zu finden, erfordert Fingerspitzengefühl und Detailgenauigkeit. „Viel Feinarbeit ist zu leisten, bevor die Produktion sicher ist“, sagt Produktionsleiter Alexander Pfister, „aber das ist mein Job.“
Smart Factory: lieferfähigste Druckerei in Europa
Digitaldruck ist direkt und schnell. Daten auf die Maschine laden und los geht´s. Denn Druckplatten werden nicht mehr benötigt und Einrichtezeiten entfallen. Über 320 Tonnen CO2 spart der neue Weg gegenüber dem Offsetdruck. Neben den Druckplatten ist das vor allem Energie. Außerdem werden alle eingesetzten Stoffe wie Papier und Farbe besser sprich sparsamer genutzt.
Noch im Werden ist der optimale Workflow. Eins aber ist sicher: alle heute noch weitgehend manuellen Prozesse werden digitalisiert. Bestellungen vom Kunden werden vom Computer erledigt, vor allem aber sind sie papierlos. Die Terminfolge errechnet sich automatisch mittels intelligenter Algorithmen. Die Rechnungen werden vom System automatisch erzeugt. Erster Schritt dazu ist der Wechsel in Richtung der offenen Software-Plattform namens keyline im Januar 2021.
Bernecker Inhaber Conrad Fischer sieht sich auf dem richtigen Weg: „Wir glauben, dass wir das Ziel, die lieferfähigste Druckerei Europas zu sein, schrittweise erreichen. Die erste voll digital gesteuerte Produktlinie ist am Start. Bis Ende 2021 sollen zwei weitere folgen. Natürlich ist noch lange nicht alles perfekt. Aber wir lernen jeden Tag dazu. Unsere Partner Screen und Horizon begleiten uns intensiv.“ und weiter „Wir sind im Markt ein eher kleiner Anbieter, aber wir werden der Lieferfähigste sein. Wir geben unsere erworbenes know how an die Branche weiter, damit wir weiter agil bleiben. So bleibt das Ziel Smart Factory eine immerwährende Aufgabe.“